Schmerzfrei gebären – gibt es das eigentlich? Geburt und Schmerz haben kein von Natur aus determiniertes Verhältnis. Diese unheilvolle Verknüpfung wurde vielmehr von Menschen (Beispiele hier: Geburt als Strafe Gottes, Gebäranstalten des 19. Jahrhunderts) vorgenommen. Es gab einst eine Zeit, in der die Frauen ohne Schmerzen und Komplikationen gebären konnten. Respekt und Achtsamkeit gegenüber der Gebärenenden und der Beistand von Frauen spielte dabei eine wesentliche Rolle. Es war Frédérick Leboyer, der durch seine Bücher über eine „Geburt ohne Gewalt“ eine uralte Methode aus Indien wiederentdeckte, die es den Frauen ermöglicht, ihre Kinder beinahe schmerzfrei auf die Welt zu bringen – genauer gesagt, auf die Welt zu singen.
Bericht einer Geburt ohne Schmerzen
Eine Geburt muss nicht zwangsläufig schmerzhaft sein, wie Barbara Taylor eindrucksvoll schreibt:
„Ich möchte an dieser Stelle meine Erfahrungen weitergeben und mit dem folgenden Artikel aufzeigen, dass es auch anders geht. Dass man zu recht vom Wunder des Lebens und vom Wunder der Geburt sprechen kann, auch wenn man in unserer westlichen Welt erst ein bisschen nachhelfen muss, um dieses Wunder auch als etwas Wunderbares erfahren zu können. Ich selbst habe ab dem Tag, an dem meine erste Schwangerschaft diagnostiziert wurde, alles in Bewegung gesetzt, um mich einer schulmedizinisch überwachten und hochtechnisierten Schwangerschaft und Geburt zu entziehen. Ich habe mich auf die Suche nach der Weisheit der Frauen gemacht, die seit Jahrtausenden Kinder gebären, ohne medizinische Intervention, ohne technische Überwachung, ohne das Bewusstsein, wie „gefährlich und risikoreich“ Schwangerschaft und Geburt sind. Doch lesen Sie zunächst meine Geschichte, die Sie vielleicht inspiriert, selbst dem wohl größten Wunder der Welt alle Ehre zu erweisen.
Entscheidung für Hausgeburt
Von Anfang an war mir klar, dass ich nicht in einem Krankenhaus entbinden würde. Was ich bisher an Geburtsberichten von anderen Frauen gehört hatte, genügte, um in mir alle Kraft zu mobilisieren und in der kurzen Zeit einen anderen Weg zu finden. Wieder wurde ich von höheren Mächten geführt. Ich brachte in Erfahrung, dass es ganz in der Nähe ein Geburtshaus gab, das nur von Hebammen geleitet wurde. Ich stellte mich dort vor und wusste sofort, dass ich mein Kind hier bekommen würde. Die beiden Hebammen klärten mich darüber auf, dass jede Schwangere in Deutschland den Anspruch hat, während Schwangerschaft und Geburt ausschließlich von Hebammen begleitet zu werden. Die Kasse ist gesetzlich dazu verpflichtet, die Kosten dafür zu übernehmen. (Anmerkung von FlowBirthing: Dies versuchen die Krankenkassen gerade zu kippen und Hausgeburten zur Privatleistung zu machen!).
Ganzheitliche und bewusst erlebte Schwangerschaft
Die Hebammen halfen mir mit liebevollen Gesprächen und Übungen dabei, eine Verbindung zu dem Kind in meinem Bauch herzustellen und ohne Angst der Geburt entgegen zu sehen. Sie unterstützten mich körperlich wie auch emotional durch Homöopathie, Akupunktur und Cranio-Sacral-Therapie. Mit diesen Methoden kann der Körper gut auf die Geburt vorbereitet werden: Anspannungen und Blockaden im Beckenbereich, die das richtige Einstellen des Kindes im Becken und auch die Geburt selbst erschweren können, werden damit sanft behoben. Ich erfuhr von traditionellen, einfachen Verfahren, wie z.B. der Damm-Massage, dem Heublumen-Dampfbad oder Teemischungen, die die Schwangere selbst zuhause durchführen kann, um den Muttermund sowie den Beckenboden weich und geschmeidig zu machen und somit die Geburt schon im Vorfeld positiv zu beeinflussen. Die Hebammen empfahlen mir, einen möglichst detaillierten, positiv formulierten Wunschzettel für die Geburt zu schreiben, also z.B. „Ich möchte kraftvolle Wehen erleben, die ich mit Leichtigkeit durch mich hindurch fließen lasse.“ , „Der Muttermund öffnet sich mit jeder Wehe.“ , „Ich erlebe jede Wehe mit Freude und Dankbarkeit“ oder „Das Baby und ich sind gesund und entspannt“. Darüber hinaus kann man auch den Ort der Entbindung, die Art der Entbindung sowie die Personen, die dabei sein sollen, mit aufführen.
Tönen nach Leboyer hilft ohne Schmerzen zu gebären
Dieser Wunschzettel ist eine äußerst wirkungsvolle Möglichkeit, den Weg zu einer selbstbestimmten, wunderbaren Geburtserfahrung zu bereiten. Die Schwangere nutzt aktiv die Kraft ihrer Gedanken und übernimmt damit die Verantwortung für sich und für ihr Geburtserlebnis, anstatt Ärzten, Gerätschaften und Klinikalltag den Verlauf der Geburt zu überlassen. Eine der Hebammen, Monika Wollenberg, erzählte mir schließlich bei einem Treffen vom Wehensingen, das zu einem Schlüsselerlebnis für mich werden sollte. Das Wehensingen hat der französische Frauenarzt Frédérick Leboyer aus Indien nach Europa gebracht. Die Vokale A, E, O, I, U werden entweder in dieser Reihenfolge oder individuell nach den Bedürfnissen der Gebärenden in einer bestimmten Melodie während der Wehen gesungen. Jedem Vokal kommt dabei eine Bedeutung und auch Funktion zu. Während des Geburtsvorbereitungskurses erlebte ich –angeleitet von Monika –zum ersten Mal die Wirkung des Wehensingens. Nach diesem Abend war ich voller Energie, Freude, Zuversicht, Kraft und Dankbarkeit über das, was ich da eben erfahren hatte und das, was ich in naher Zukunft zum ersten Mal erleben durfte: die Geburt meines Kindes.
Wassergeburt zu Hause
Pünktlich zum errechneten Termin Ende August war es schließlich soweit: kurz nach Mitternacht setzten die Wehen ein. Dank der liebevollen Vorbereitung durch die Hebammen war ich von Freude, Glück und innerer Ruhe erfüllt. Ich nahm nach Rücksprache mit einer Hebamme noch ein nächtliches Bad, drei Stunden nach Wehenbeginn brachte mein Mann mich zum Geburtshaus. Dort wurde ich von den Hebammen in Empfang genommen und kurz untersucht. Ich durfte sogleich in die Geburtswanne steigen, denn ich hatte mich für eine Wassergeburt entschieden. Im Gegensatz zu einer Geburt in einer Klinik waren keinerlei Geräte an meinen Körper angeschlossen, auch auf den meist als sehr störend empfundenen Venenzugang konnte verzichtet werden.
War das schon alles?
Der Raum war warm, abgedunkelt, Kerzen brannten, eine sanfte Musik lief im Hintergrund. Die Hebamme Monika Wollenberg begann, mit mir den Vokal A zu singen. Während der Wehen spürte ich, dass die Melodie in ihrer Tonfolge genau dem Ablauf einer Wehe glich. Ich sang immer lauter, je kräftiger die Wehen wurden. Dadurch empfand ich keinen Schmerz, sondern eine unvorstellbare Kraft, die mit jeder Wehe erneut durch meinen Körper flutete. Ich fühlte mich getragen, von Engeln umgeben und wie auf Wolken schwebend. Mein Mann wie auch die beiden Hebammen stimmten bei jeder Wehe in den Gesang mit ein. Als sich die Geburt dem Ende näherte, empfahl mir Monika, nun mit einem U, das den Fluss, den Genuss, das Geschehenlassen förderte, das Kind zu entlassen. Mit meinem kraftvollen Gesang, der nun die Qualität der Wehen veränderte, wurde in einer einzigen Wehe, nur vier Stunden nach Wehenbeginn, meine Tochter sanft in das warme Wasser hinein geboren. Sie wurde mir gleich auf den Bauch gelegt und mit einem angewärmten dunkelroten Handtuch, das sie an die Umgebung im Mutterleib erinnern sollte, zugedeckt. Da lag nun mein Kind, das es nach Meinung der Ärzte gar nicht geben durfte! Auf die Frage einer Hebamme, wie ich mich nun fühlte, antwortete ich ganz erstaunt: „War das schon alles?“ Ich hatte mir aufgrund von Erzählungen anderer Mütter in meinen Gedanken die Geburt anstrengender, schmerzvoller und vor allem auch länger vorgestellt.“
Erfahrungsbericht von Barbara Taylor
Entnommen aus Artikel veröffentlicht unter http://www.zeitenschrift.com/artikel/wehensingen-schmerzfrei-gebaeren-gibt-es-das#.VWoTsbntmko