Am 25. November sind weltweit Frauen aufgerufen, sich am Roses Revolution Day zu beteiligen. Frauen, die bei der Geburt körperliche oder seelische Gewalt erfahren haben, legen am Geburtsort ihres Kindes eine rosafarbige Rose nieder. Mit ihren persönlichen Erlebnissen prangern sie die Geburtshilfe in Deutschland an. Dabei handelt es sich um keine Einzelschicksale, die Zahl der traumatisierten Frauen bei der Geburt steigt. Immer mehr Frauen haben den Mut, das Schweigen zu brechen und auf die Missstände aufmerksam zu machen. Sie setzen ein Zeichen für eine neue, menschliche Geburtskultur.
Pathologisierung von Geburten und Traumatisierung nimmt zu
Seit der Verschiebung der Geburten in die Krankenhäuser in den 1960er Jahren dominiert die medizinisch-technische Sicht auf Geburt. Mit einem Akt des Staunens, der Verehrung des weiblichen Schöpfungskraft, dem Wunder des Lebens, all dem was Geburt im Innersten bedeutet und so einzigartig macht, lassen sich kaum noch Geburten beschreiben. Die weibliche Urkraft hat keinen Platz im streng kontrollierten modernen Klinikalltag. Statt Frauen in ihrer Kraft und Zutrauen zu stärken, werden Geburten zunehmend pathologisiert und Frauen vermehrt als psychisch und körperlich außer Stand erklärt, normal zu gebären. Jeder unnötige Einschnitt in den Körper und den Geburtsverlauf ist ein Einschnitt in ihre Weiblichkeit. Traumatische Erfahrungen von Frauen in Kauf zu nehmen wider besseres Wissens, ihnen dann noch die Schuld zu geben bzw. sie damit allein zu lassen, das ist der Skandal unserer Zeit.
Geburtshilfe – eine Frage der Ökonomie?
Und warum? Überall herrscht Angst vor der Erfahrung, die wir Leben nennen. Mit der Angst der Frauen lässt sich außerdem hervorragend Geld verdienen, leider schwappt die Angst auch auf die Verantwortlichen über. Zudem wirken finanzielle Fehlanreize in den Kliniken gesetzt. Für einen Kaiserschnitt kann eine Klinik etwa doppelt so viel abrechnen wie für eine normale Geburt. Die normale Geburt ist zudem viel personal- und zeitintensiver und lässt sich nicht vorausplanen. Das führt dazu, dass geburtshilfliche Abteilungen für Kliniken kaum noch lohnen. Die Verlockung ist groß, Geburten künstlich zu beschleunigen, statt der Gebärenden Zeit zu lassen, ihren Rhythmus der Geburt zu finden und damit dem Geheimnis des Lebens und weiblichen Kraft auf die Spur zu kommen.
Hebammen leiden auch unter den Verhältnissen
Auch für die Minimalbedingungen einer natürlichen Geburt fehlt häufig die Zeit, so dass sensible aufbauende Gespräche und der achtsame Umgang mit den Bedürfnissen der Frauen auf der Strecke bleiben. Immer häufiger berichten daher auch Hebammen von traumatisierenden Erlebnissen. Gerade Hebammen in Ausbildung leiden darunter. Sie fühlen sich angesichts der Gewalt gegen Frauen oftmals als Mittäterinnen, müssen häufig über die eigenen Grenzen gehen und sind so genauso Opfer des Systems. Hebammen, einst Hüterinnen weiblichen Weisheitswissen, ihnen sind heutzutage die Hände gebunden im täglichen Konflikt mit Ärzten und Systemzwängen. Freie Hebammen, die eine menschliche Betreuung sicherstellen könnten, sind angesichts einer übermächtigen Versicherungsindustrie, die sie öffentlich als überflüssig bezeichnet hat, an den Rand der Existenz gedrängt.
Einschnitt in weibliche Erfahrungswelt und Bevormundung
In Deutschland zählen einzelne Frauenschicksale scheinbar nicht. Geburten sind zu einem Geschäft geworden und haben mit der Würde von Frauen und Geburt als heiligem Akt längst nichts mehr zu tun. Der Roses Revolution Day ist ein starkes Signal, dass sich Frauen diese Bevormundung und Einengung der weiblichen Erfahrungswelt nicht mehr gefallen lassen. Frauen beenden die Zeit des Schweigens und der Selbstverurteilung und erkennen im Austausch mit anderen, dass es nicht ihr Versagen war, sondern ein System wirkt, dass solch bittere Erfahrungen geradezu provoziert.
Am Roses Revolution Day verlassen Frauen die Opferrolle
Wenn schon der Beginn des Lebens sich vieler Orten so frauen- ja lebensverachtend zeigt, wen wundert es eigentlich noch, dass sich derzeit Leben allerorten in seiner entstellten, d.h. lebensverachtenden Form darstellt? Die Geburt stellt die Weichen für ein ganzes Leben und es ist nicht egal, wie Frauen sich dabei fühlen und behandelt werden. Am Roses Revolution Tag haben es Frauen in der Hand, sich gegen die Unmenschlichkeit aufzulehnen, ihre Wunden zu heilen und ein Zeichen zu setzen für ein würdevolles, gewaltfreies Leben – von Beginn an!